Zurück nach einer erlebnisreichen Woche in Marrakesch mit unzähligen und fantastischen Eindrücken bleiben neben einem Berg an verschmutzter Wäsche und Hunderten von Fotos nur zahlreiche Erinnerungen. Doch welche bleiben uns auch über einen längere Zeit erhalten und welchen Stellenwert haben Erinnerungen in unserem Leben?

Es war ja nicht nur eine normale Ferienwoche oder eine Reise in eine mir unbekannte Stadt – die Begleitung von zehn Studierenden der HTW Chur (Institut für Tourismus) auf ihrer Study Week abraod ermöglichte auch mir, Marrakesch auf einen besondere Art und Weise zu erleben.

Schon die Ankunft war speziell, war doch der Transfer zu unseren Riads bereits organisiert. Unserer Fahrer sollte uns übrigens während der ganzen Woche noch des Öfteren begleiten. Ich hatte vom Riad, welches die zehn Studentinnen gebucht hatten, noch einen kurzen Fussweg zu meinem Riad zurückzulegen – ein nicht nur das erste Mal abenteuerlicher Weg. Da beide Riads ausserhalb der Tourismuskernzone liegen, wurde ich mehrmals darauf hingewiesen, dass ich in die falsche Richtung laufe – der “big square“, der Djemaa el Fna, liege in der anderen Richtung. Doch oft wurde ich auch von Einheimischen freundlich und nicht, wie in der Touristenzone üblich aufdringlich angesprochen und hatte die Gelegenheit, mit ihnen einige Worte auf Englisch oder Französisch zu wechseln. Und immer wieder grüssten mich Kinder und lachten mich an. Erfahrungen, die ich in einem der zahlreichen Vier- und Fünfsternehotels, die vor allem im neuen Teil der Stadt oder ausserhalb liegen, kaum gemacht hätte.

Eine unserer ersten Aktivitäten war eine private Stadtführung, welche uns auch einen Einblick in Stadtteile ermöglichte, wo normalerweise kaum Touristen hinkommen. Mit diesen Erkenntnissen war es dann auch während der folgenden Tage möglich, sich „off the beaten tracks“ zu bewegen. Wobei das grösste Problem nicht war, wieder von diesen zurück ins Zentrum zu finden, sondern vielmehr, sich der sich aufdrängenden jungen Marokkaner zu wehren, die sich als privater Guide empfehlen wollten, um einige Dirham zu verdienen…

Eindrücklich dann auch die Fahrt in einem Heissluftballon über der Wüste, der Sonnenaufgang hinter dem Hohen Atlas – trotz eines nur wenige Wochen zurückliegenden und ebenfalls beeindruckenden Ballonfluges über den Berner Alpen auf einer Höhe von über 4‘000 Metern! Dazu beigetragen hatte neben einem perfekt arrangierten Erlebnis mit Berberfrühstück auch der Pilot, der mit seiner natürlichen und humoristischen Art die Ballonfahrt zu einem einmaligen und unterhaltsamen Erlebnis macht. Natürlich lebt die Fahrt aber auch von der für uns ungewohnten Wüstenumgebung, der Ruhe in luftiger Höhe und dem Blick in eine unendlich scheinende Weite. Der Abend auf dem belebten Djemaa el Fna rundete einen Tag mit weiteren bleibenden Eindrücken ab.

Dann der Kochkurs! Zusammen mit unserem aus Frankreich nach Marokko eingewanderten Gastgeber und seiner marokkanischen Kochinstruktorin lernen wir Fladenbrot zu backen, eine Tajine mit Chicken zu kochen und einen marokkanischen Dessert zu gestalten, der einer französischen Crêpe sehr nahe kommt. Dabei kamen wir in Kontakt mit uns unbekannten oder zumindest wenig bekannten Gewürzen oder neuartigen Zutaten wie eingelegten Zitronen und ranziger Butter. Die Wahrnehmung über verschiedene Sinne und die Möglichkeit, das Gelernte auch zuhause wieder nachvollziehen zu können, erhöht den Erinnerungswert an diesen Workshop.

Zeit.Punkt 23: Djemaa el Fna (Versammlung der Toten), Marrakesch, 6. Juni 2013, 16.35 Uhr

Der Ausflug nach Essaouira, der Küstenstadt oder „Stadt der Winde“ nahe Marrakesch ermöglichte uns einen etwas anderen Blick auf die marokkanische Kultur und den seinen Tourismus. Die Stadt besticht mit einer Sauberkeit, welche sich wesentlich von der der Marrakeschs absetzt sowie einem auf Wassersport ausgerichteten Aktivtourismus. Und zeigt auf, das Marokko noch mehr zu bieten hat als nur Marrakesch.

Dann noch der Einblick in den europäischen und luxuriösen Tourismus über einen Besuch des Hotels „Palais Namaskar“ ausserhalb von Marrakesch, ein Luxushotel mit gut 40 Einheiten auf 5 Hektaren – davon die Hälfte Wasserflächen sind – welches im Besitz der deutschen Familie (Dr.) Oetker ist. Wer hier eine Ferienwoche in Marrakesch verbringen will, wird wohl – die Ausflüge in die Stadt ausgenommen – nur wenig von der marokkanischen Kultur miterleben…

Der Besuch im „Jardin Majorelle“ ermöglichte dann nochmals einen speziellen Eindruck in ein von europäischen Einwanderern aufgebauten Garten, der sich bis heute zu einem Selbstläufer im touristischen Angebot von Marrakesch entwickelt hat.

Doch was bleibt bzw. wird bleiben? Aus meiner Sicht sicher die Erlebnisse, die ich über mehrere Sinne – womit wir wieder beim zentralen Thema der Woche sind – wahrnehmen konnte. Aber auch, die Eindrücke, die nachvollzogen werden können (z.B. Kochen oder über Musik) und natürlich die, über die ich mich in Zukunft mit anderen Menschen – in Form von gemeinsamen oder ebenfalls erlebten Erlebnissen – austauschen kann.

Erinnerungen sind wichtig und können uns – siehe Eingangszitat – nicht genommen werden. Wer diese jedoch nachhaltig gestalten will, muss diese weiter verarbeiten. So, wie ich dies mit dem Schreiben dieses Blogs versucht habe.

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