Zurzeit wird eine intensive und emotionale Debatte darüber geführt, ob das Wort «Mohrenkopf» noch verwendet werden darf oder nicht.

Die Migros meint «nein» und hat die gleichnamige Süssspeise mit Eiweissschaum und Schokoladenüberzug aus dem Sortiment genommen.

«Ja» sagen jedoch Hersteller Dubler und all jene, die das Wort nicht als rassistisch betrachten.

Zu dieser Diskussion passt der Beitrag «Die Sprache der Dummheit» von Patrick Moreau im Buch «Die Psychologie der Dummheit».

In seiner Analyse der sprachlichen Dummheit beschreibt er zwei sprachliche Phänomene der Gegenwart.

Einerseits, dass gewisse Ideologien (z.B. der differenzialistische Feminismus, der Anti-Speziesismus, die Gender Theorie) zwar ein intensives konzeptuelles Lobbying praktizieren, sich aber mehr und mehr vom gesunden Menschenverstand entfernen.

Und andererseits bieten Internet und soziale Medien eine wunderbare Echokammer, die erlaubt, dass die Dummheit brachial in die öffentliche Sphäre einbrechen kann.

Am Beispiel eines Posts einer militanten Veganerin, in welchem nach einem Attentat, bei dem auch ein Metzger ums Leben kam, dieser als «Mörder» bezeichnet wurde (und der nun selbst gerechterweise einem Mord zum Opfer fiel), zeigt Patrick Moreau auf, dass die Dummheit schon oft in der fragwürdigen Verwendung eines Wortes liegt.

Die gesagte Dummheit kommt einer Falschaussage gleich, weil sie häufig mit Übertreibung zu tun hat. Obwohl nicht die Absicht dahinterstand, die Zuhörer zu täuschen.

«Die Begriffe, die sie benutzt, transportieren nicht deren übliche Bedeutung, aber sie passen auch nicht zum Gegenstand (Referenz), den sie bezeichnen sollen.»

Für eine militante Veganerin ist das Töten eines Tieres Mord und derjenige, der dies tut, damit ein Mörder.

Auch wenn der Metzger heute keine Tiere mehr tötetet – das wird im Schlachthaus gemacht – sondern diese dann nur noch aufteilt und zuschneidet.

Damit nähert sich die Ideologie der Dummheit an, weil Wörter aus ihrem Zusammenhang mit der wirklichen Welt gelöst werden, ohne dass man diese fehlerhafte Verwendung als Lüge bezeichnen könnte.

Der referentielle Absturz.

Doch dies reicht nicht aus, um für den richtigen Gebrauch der Sprache eine Lösung zu finden.

«Wir müssen also nachdenken, was die verwendeten Wörter bezeichnen sollen (Signifikat), nach ihrer Definition fragen. Denn die Wörter bezeichnen unsere Umwelt nicht, sondern analysieren sie, verleihen ihr Sinn mittels der Konzepte, die wir definieren.»

Denn der korrekte Wortgebrauch setzt ein Signifikat voraus, welches eine stabile Definition hat. Damit müsste jegliches Töten von Tieren als Mord bezeichnet werden, auch das von fleischfressenden Tieren.

Ist die Katze eine Mörderin, wenn sie eine Maus fängt und tötet?

Oder der Löwe, der eine Antilope reisst?

Oder der Mensch, der eine Fliege erschlägt?

Ein Wort, so Patrick Moreau, ist grundsätzlich problematisch, weil dessen Bedeutung immer zwischen zwei Sprechpartnern ausgehandelt werden kann. Sprache ist damit dialektisch (sinngemäss eine methodische Wahrheitsfindung über These und Antithese) und gleichzeitig dialogisch.

Für Dummschwätzer und Ideologen bedeuten Worte nicht mehr und nicht weniger als das, was sie damit bezeichnen, ohne Rücksicht auf den Gesprächspartner und seine Interpretation, auf die traditionelle Verwendung oder auf eine Definition in einem Lexikon.

Wenn die militante Veganerin nun die Tätigkeit des Metzgers als «Mord» bezeichnet, weil dies aus ihrer Sicht die richtige Bezeichnung ist, wird dieses Word undiskutierbar und aufgrund der uneinheitlichen Definition autoreferentiell, das heisst auf sich selbst bezogen.

Damit wird das Wort zu einem eindimensionalen Signal, welches keine Auseinandersetzung und Interpretation mehr zulässt.

Solche Wörter werden übrigens auch oft für Slogans verwendet. Sie werden nicht verwendet, um etwas mitzuteilen, das man besser anders ausdrücken würde, sondern um dem Sprecher innerhalb einer Gruppe eine bestimmte Stellung zu verleihen.

Schlagwörter als Kriegsgeschrei in der Gruppe. Slogan leitet sich übrigens vom schottischen sluagh-ghairm, Kriegsgeschrei, ab…

Wenn man das Wort, den Slogan, benutzt, will man zur Gruppe gehören, vermeidet man dessen Verwendung, grenzt man sich selber von dieser aus.

Diese simplifizierende Rhetorik ermöglicht deren universelle Verwendung und ermöglicht dem Nutzer, sicher und schnell zu einem Pauschalurteil zu kommen: kategorisch, überzeugt und dadurch auch überzeugend.

«Der Zweifel dagegen, die intellektuelle Unruhe, stellt sich der Dummheit in den Weg und gehört zu den kostbaren Gegengiften gegen das Delirium der Ideologie.»

Aus sprachlicher Sicht heisst dies nun auf die Mohrenkopf-Debatte bezogen, dass wir uns bewusst werden müssen, ob wir das Wort auf die Süssspeise beziehen oder aber auf die veraltete Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe. Der «Mohr» als Bezeichnung der Kolonialisten, die dunkelhäutige Menschen versklavten.

Was ist die Referenz von «Mohrenkopf»?

Und die zweite Frage, die es zu beantworten gilt, ist, ob für uns dieses Wort undiskutierbar ist, wir es mit einem eindeutigen oder gar selbstreferentiellen Bezug verwenden, als eindimensionalen Signal, welches keine Auseinandersetzung und Interpretation mehr zulässt.

Ist Mohrenkopf ein «Slogan»? Wenn ja, wofür steht er?

Oder ob wir die Debatte einfach als Diskussion um die Dummheit der Sprache betrachten.

Wobei – so lange wir noch darüber diskutieren, können wir uns noch dagegen wehren, dass die Debatte zu einer Ideologie wird.

P.S.: Übrigens – heissen die Mohrenköpfe mit weissem Schokoladenüberzug auch Mohrenköpfe?

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