Seit gestern ist die Fussballeuropameisterschaft wieder Geschichte. Die EURO 2020, die 2021 durchgeführt wurde, ohne dass der Name angepasst wurde.

Bereits dies ist eigentlich geschichtsträchtig.

Und Italien ist nach 53 Jahren wieder Europameister, England wartet seit den Weltmeisterschaften 1966 weiterhin auf einen Titel.

Auch dies wird in die Geschichtsbücher eingehen.

Italien gewinnt das Penaltyschiessen gegen England mit 3:2. Dies, weil die zuvor in Hinblick auf diese Entscheidung eingewechselten Engländer Rashford und Sancho wie auch ihr letzter Schütze Saka an der Torumrandung oder am italienischen Torhüter Donnarumma scheitern. Und zuvor der Italiener Jorginho, der in der 113. Minuten nach einem groben Foul mit der gelben Karte «belohnt» statt vom Platz gestellt wurde, mit seinem Elfmeter erfolgreich war.

Auch diese Ereignisse werden Geschichte schreiben – sicher für die Beteiligten.

Sportlich war die Euro 2020 ein spannendes Turnier mit vielen Überraschungen. Und mit der erstmaligen Viertelfinalqualifikation des Schweizer Teams nochmals geschichtsträchtig.

Doch auch unter anderen Aspekten wird die EURO 2020 in die Geschichtsbücher eingehen.

Die dezentrale Austragung in elf Städten (Amsterdam, Baku, Budapest, Bukarest, Sevilla, Glasgow, Kopenhagen, London, München, Rom und St. Petersburg) führten – nicht für alle Teams – zu langen Reisen zwischen den Spielorten. Alleine für die Schweiz bedeutete dies über 17’000 Kilometer Flugreisen. Pro Person wohlbemerkt – das ganze Team umfasste 54 Personen.

Wir haben dieses Thema bereits Mitte Juni mit unseren Studierenden des CAS «Sport Management 4.0» diskutiert. In damaliger Unkenntnis der Spielorte der Schweizer nach den Gruppenspielen haben wir zusammen errechnet, welche CO2-Kompensation notwendig geworden wäre, hätte die Schweiz das Endspiel erreicht. Für das ganze Team wären dies über 27’000 Schweizer Franken gewesen, mit dem sich der Fussballverband hätte «reinwaschen» können.

Effektiv dürfte der Betrag nun zwischen 15’000 und 18’000 Franken liegen – eine bescheidene Summe im Vergleich zu den 14.25 Millionen Euro, welche der Schweizer Fussballverband für die Teilnahme seines Teams am Turnier erhält. Und auch bescheiden im Verhältnis zu den vermuteten 100’000 bis 150’000 Franken, welche jeder Spieler als Prämie erhält.

Eine CO2-Kompensation – durch den SFV offensiv kommuniziert – wäre auch ein Eintrag in die Geschichtsbücher wert.

Über 67’000 Zuschauerinnen und Zuschauer haben das Endspiel im Wembley Stadion vor Ort mitverfolgt. In einem Stadion, das eigentlich über 90’000 Plätze verfügt. Coronabedingt wurden die Kapazitäten eingeschränkt, wobei die Entscheidung darüber, wie viele Fans eingelassen werden, bei den entsprechenden Ländern und Städten lagen. Diese legten die Auslastung auf 20 (München) bis 100 Prozent (Budapest) fest. Wobei in allen Stadien natürlich Maskenpflicht sowie teilweise negative Coronatests galten. Auch wurde in vielen der Spielstätte um die Einhaltung von Mindestabständen gebeten.

Von Letzterem war im Wembleystadion wenig zu sehen…

Ob das Endspiel auch unter diesem Aspekt geschichtsträchtig sein wird, dürften die nächsten Wochen und die Entwicklung der Ansteckungszahlen zeigen. Und damit auch, ob wir uns im Rückblick aus der Zukunft auf dieses Spiel noch weiterhin freuen werden.

«Wer wird dafür die Verantwortung übernehmen», fragte SRF-Kommentator Sascha Ruefer während des Spiels. Nun – die UEFA wohl kaum, sie hat ja nur Rahmenbedingungen festgelegt und die Entscheidung delegiert…

Und bereits ist alles wieder Geschichte.

So wie alles, das war. Denn dieser Ausdruck heisst gemäss korrekturen.de nicht anders als «der Fall ist abgeschlossen», «die Angelegenheit ist abgeschlossen», «die Sache ist erledigt», «vorbei ist vorbei», «was gewesen ist, ist gewesen», «das Ding ist gelaufen» oder einfach «das war’s».

Was sich hinsichtlich der verschiedenen Ereignisse unterscheidet und unterscheiden wird, ist der Ausprägungsgrad der Erinnerungen. Die drei englischen Spieler, die ihren Penalty verschossen haben, werden sich wohl noch länger an dieses Ereignis erinnern als wir uns an die ökologische Belastung, welche die EURO 2020 ausgelöst hat.

Aber wir werden uns noch lange an Geschichten erinnern. Geschichten wie die über die grossen Autos und die blond gefärbten Haare im Schweizer Team.

Aber die sind nicht geschichtsträchtig.

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