Der Mensch ist auf Resonanz angewiesen.

Wenn wir arbeiten, erwarten wir Wertschätzung und Anerkennung für das was, was wir geleistet haben.

Wenn wir mit anderen Menschen in Beziehung treten, erwarten wir Verständnis, Feedback, eine Antwort.

Selbst wenn wir der Natur Sorge tragen, gehen wir davon aus, dass sie uns etwas zurückgibt.

Auch im Umgang mit uns selbst wollen wir Resonanz erfahren. Wenn wir eine Entscheidung getroffen haben, erwarten wir, dass wir uns im Nachhinein (im besten Fall) besser fühlen oder zumindest erfahren, ob diese richtig oder falsch war.

Wir wollen spüren, dass die Mitwelt «antwortet», nicht taub und stumm bleibt, von uns als etwas Lebendiges erfahren werden kann. Wenn wir aktiv werden, soll etwas zurückkommen.

Der Soziologe Hartmut Rosa sieht Resonanz als zentral für die Idee des gelingenden Lebens:

«Der akustisch-physikalische Begriff Resonanz (lat.: ‘widerhallen’) beschreibt eine spezifische Beziehung zwischen zwei schwingungsfähigen Körpern. Diese spezifische Beziehung der Resonanz entsteht nur, wenn durch die Schwingung des einen Körpers die Eigenfrequenz des anderen angeregt wird. Das führt zu drei massgeblichen Eigenschaften:

– Es handelt sich um einen strikt relationalen (= in Beziehung stehenden) Begriff.

– Resonanz ist genuin (= ursprünglich) prozesshaft gedacht.

– Eine solche Beziehung erfordert immer auch ein resonanzfähiges Medium.

Resonanz bezeichnet damit konkret einen Modus, wie Subjekt und Welt zueinander in Beziehung treten. Wie wird Welt erlebt? Wann wird sie als entgegenkommend und wann als abweisend wahrgenommen?»

Eine Voraussetzung für die Resonanz ist die Synchronität. Das heisst, wir erwarten die Resonanz innerhalb einer bestimmten Zeit.

Da wir jedoch nicht wissen, wie beispielsweise unsere Botschaft beim Gegenüber ankommt, wissen wir nicht, wie und wann dieses reagiert.

Und ob überhaupt.

Damit ist Synchronität wohl Voraussetzung für Resonanz – aber nicht eine zwingende Folge.

In den letzten Monaten haben wir die Vorteile der Digitalisierung erlebt. Der Kontakt mit anderen Menschen bleibt trotz Lockdown und «stay-at-home»-Vorschriften möglich, Beziehungen werden auf digitalem Weg gepflegt.

Resonanz bleibt möglich.

Synchronität innerhalb unseres Erwartungszeitraumes aber nur, wenn auch unser Gegenüber online ist.

Und es bereit ist, uns zu spiegeln.

Denn grundsätzlich funktioniert Resonanz nur, wenn die Wechselwirkung von Geben und Nehmen gelebt wird.

In meiner Selbstbeziehung braucht es Reflektivität, ein Be-greifen nach dem Ein-greifen.

Und in der Beziehung zur Natur eine Regenerativität – eine ökologische Nachhaltigkeit.

«Reflexivität, Reziprozität, Regenerativität sind die normativen Kriterien der Resonanz, Sie sorgen dafür, dass von unseren Aktivitäten etwas zu uns zurückkommt.»

So beschreibt der Soziologe Fritz Reheis den Inbegriff einer Resonanzstrategie, welche auf diese drei Prinzipien ausgerichtet ist.

Die Umsetzung dieser Strategie, so Reheis, braucht jedoch Mut.

Mut zu einem zeitbewussten Leben, ohne Zeitdruck, bezogen auf andere wie auch auf sich selbst.

Was in unserer Zeit, in der es vorwiegend um grösser und schneller geht, kein einfaches Unterfangen ist. Das Prinzip, dass die Entwicklung immer weitergehen muss, verhindert die Wiederkehr von Ähnlichem, Resonanz wird systematisch blockiert.

Eine Resonanzstrategie will aber den Menschen, der Natur und der Gesellschaft wieder den Respekt für Eigenzeiten verschaffen, so Reheis.

«Die Resonanzstrategie ist eine Alternative zur weithin herrschenden Alternativlosigkeit. zur weithin herrschenden Alternativlosigkeit. Diese Alternative ist konservativ und revolutionär zugleich: Konservativ, weil sie an die Stelle der zwanghaften Steigerung und Innovation die Wiederkehr des Ähnlichen setzt, in dem Bewusstsein, dass seit dem Urknall und erst recht seit dem Beginn des Lebens auf der Erde Kreisläufe die stabile Basis jeder Entwicklung von Neuem waren und weiterhin sein werden. Und revolutionär, weil die Resonanzstrategie an die Stelle der quantitativen Geldgrösse die Qualität des menschlichen Lebens zum Mass des Fortschritts erhebt.»

Unser Wohlstand basiert mit einer Resonanzstrategie damit auf Zeit statt Geld – Zeit ist Leben.

Das sollte für jede Einzelne, jeden Einzelnen von uns wie auch für die gesamte Gesellschaft gelten.

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