Wenn wir vom Sport während der Coronakrise reden, müssen wir differenzieren.

Geht es ums Sporttreiben – oder um den Sportkonsum?

Geht es um Breiten- oder Leistungs- und Spitzensport?

Und geht es in letztgenannten Bereichen ums Training oder um Wettkämpfe, Meisterschaften und Turniere?

Oder geht es eher um die Vereine, die keine gemeinsamen Trainings mehr durchführen dürfen und Angst haben, ihre Mitglieder zu verlieren?

Nun, zum Sporttreiben versuchten uns trotz «stayathome»-Regelung diverse Trainingsvideos auf allen Kanälen de Social Media zu motivieren. Mehr oder weniger professionell produzierte – aber alle gut gemeint. «Lass dich nicht gehen, bewege dich!»

Oder die warmen Temperaturen und das schöne Wetter. Gefühlt doppelt so viele Wanderer und Jogger waren unterwegs als vor der Krise. Natürlich alle unter Einhaltung eines «Physical Distancings».

Kritisch wurde es nur, wenn man sich erlaubte, nach seinen Outdooraktivitäten Bilder auf Social Media zu veröffentlichen. Das kam nicht bei allen gut an. Schnell einmal wurden Rufe nach Zurückhaltung und Demut laut.

Man solle doch nicht andere dazu verleiten, ebenfalls rauszugehen. Obwohl auch die Empfehlung bestand, regelmässig an die frische Luft zu gehen und sich zu bewegen.

Schon damals funktionierte die private Coronapolizei.

Der Sportkonsum kam eigentlich nicht zu kurz. Eigentlich.

Also wenigstens die Sportkonsumenten, die sich gerne nochmals Aufzeichnungen von längst zurückliegenden Fussballspielen zum Gemüte führen wollten, kamen auf ihre Rechnung. Noch und noch.

Die anderen mussten sich mit Sportsendungen – Sportkonsum live war ja nicht mehr möglich – zu Themen rund um Sport und Corona begnügen. Zumindest am Anfang. Bis dann auch andere Themen, die bisher in den Sendegefässen keinen Platz gefunden hatten, aufgenommen und diskutiert wurden.

Wie beispielweise am 19. April 2020 das Sportpanorama des Schweizer Fernsehens, welches zu einer Themensendung «Frauen im Sport» wurde und unter anderem interessante Informationen zum «Potenzial von zyklusspezifischem Training» vermittelte.

Schwer getroffen wurden auch die zahlreichen Vereine – Trainings abgesagt, Wettkämpfe bzw. Spiele und Meisterschaften ausgesetzt oder abgesagt, soziale Aktivitäten verunmöglicht. Für Sportvereine, für neben den Mitgliederbeiträgen die eigenen Anlässe mit den Eintrittsgeldern, den Einnahmen aus der Festwirtschaft und die Gegenleistungen für den Auftritt ihrer Sponsoren die wichtigsten – und oft einzigen – Einnahmequellen sind, eine ausgesprochen schwierige Situation.

Einzelne Vereine holten sich über Crowdfundingaktionen finanzielle Unterstützung, in gewissen Sportarten wurden Solidaritätsfonds eingerichtet, andere suchten individuelle Lösungen mit ihren Sponsoren.

Und das Bundesamt für Sport BASPO lancierte die Solidaritätsaktion «#BleibimVerein» mit der Aufforderung, den Mitgliederbeitrag trotz ausgesetztem Angebot einzuzahlen, damit die Sportvereine auch im nächsten Jahr ihre gesundheitlichen und gesellschaftlichen Funktionen wahrnehmen können.

Und der Profisport?

Der machte weiterhin Schlagzeilen durch das – sagen wir mal «spezielle» – Verhalten einiger seiner Exponenten. Partys trotz Verbot, Verstösse gegen die behördlichen Massnahmen. Und natürlich prägten auch die von ihren Arbeitgebern verhängten Sanktionen die Headlines.

Aber das war nun ja nicht wirklich neu. Und betraf auch nur vereinzelte Sportler (an Sportlerinnen kann ich mich erinnern).

Interessant war die Diskussion um die Gefährdung der Profisportclubs durch den Unter- oder Abbruch der nationalen Meisterschaften und die Einstellung der internationalen Wettbewerbe.

FC Sion-Präsident Christian Constantin entliess neun seiner Spieler fristlos, weil sie sich nicht mit dem für Kurzarbeit vorgesehenen Maximallohn von 12’350 Franken einverstanden erklärt hatten. Oder wegen der angesetzten kurzen Frist keine Zeit hatten, Rücksprache mit ihrem Agenten zu nehmen und ihrem Präsidenten Antwort zu geben.

Doch generell herrscht bei den meisten Clubs Existenzangst, die Befürchtung, bei zu langer Aussetzung des Spielbetriebs oder mit Geisterspielen wirtschaftlich nicht überleben zu können.

Denn scheinbar sind die meisten Proficlubs – wie viele KMUs – finanziell nicht so abgesichert, dass sie eine längere Zeit ohne Einnahmen überleben können.

Deshalb griffen auch viele Clubs zu Unterstützung bei verordneter Kurzarbeit. Andere forderten staatliche Unterstützung wie für den Rest der Wirtschaft.

Stichwort «Systemrelevanz».

Doch Klaus Zaugg relativiert am 4. Mai 2020 auf watson.ch:

«Der Sport ist systemrelevant geworden, daher werden zusätzliche Staatsgelder für die Rettung der Hockey- und Fussballfirmen erwartet. Aber systemrelevant ist nicht der «grosse» Sport, der in normalen Zeiten Wochenende für Wochenende die Stadien füllt und die TV-Programme von Bezahlsendern möbliert. Systemrelevant sind einzig und allein die Nachwuchsorganisationen. Ihre integrative gesellschaftliche Kraft kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.»

Zaugg ist überzeugt, dass sich die Clubs schnell erholen werden, wenn der Spielbetrieb wieder normal läuft und sich schneller erholen werden als andere wirtschaftliche Unternehmen.

Es wird interessant sein zu beobachten, welchen Einfluss die Krise auf den Profisport haben wird. Werden auch in Zukunft weiterhin so hohe Saläre gezahlt wie in den letzten Jahren? Oder werden neu Regelungen in Spielerverträge eingebaut, welche einen automatischen Salärverzicht in speziellen Situationen beinhalten? Werden Spieler zu Mitunternehmer der Clubs, die auch Risiko mittragen?

Auch der Profisport könnte die Krise als Chance nutzen – als Chance zur Bereinigung, zur Normalisierung, zur Rückkehr auf ein Niveau, das von Normalverdienern noch verstanden werden kann.

Oder wie Klaus Zaugg schreibt:

«Unser Profisport hat alle Voraussetzungen, um gestärkt aus der Virus-Krise hervorzugehen. Ohne zusätzliche staatliche Hilfe. Ende der Polemik.»

Es überlebe der Sport!

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