Wir kennen alle das Gefühl, wenn sich eine Situation falsch anfühlt, wir aber nicht erklären können, warum wir dieses Gefühl haben.
Es fehlen Fakten, klare Erkenntnisse, wissenschaftliche Belege, um urteilen und damit sein Gefühl belegen zu können.
So geht es mir nach den am 28. Oktober 2020 neue verhängten Massnahmen, welche das weitere exponentielle Wachstum der Coronafälle bremsen und stoppen sollen.
Nicht, dass ich das Virus und die Pandemie leugnen will, keineswegs. Es ist da, sie ist da.
Aber trotzdem, es fühlt sich falsch an.
So sagt Epidemiologe Klaus Stöhr: «Die Pandemie ist Naturereignis, das man nicht stoppen kann.»
Was nützen die neuen Massnahmen?
Neu schützen wir uns (und andere) auch im öffentlichen Raum (wenn der Mindestabstand nicht gewährleistet werden kann), nicht nur in den Räumen, mit Masken.
Das ist an einem Samstag in der Altstadt von Chur, wenn zusätzlich noch zum letzten Mal im Jahr der Wochenmarkt stattfindet, der Fall.
Doch so kollektiv das Maskentragen auf den ersten Blick erscheint, so individuell ist dieses geblieben: Maske auf und ab, Maske nur bis unter die Nase, ohne Maske zum Marktstand, dann anziehen, Maske unter dem Kinn, medizinische Masken, geprüfte Stoffmasken, Masken Marke Eigenbau…
Es scheint sich nicht nur für mich falsch anzufühlen.
Pietro Vernazza, Professor und Chefarzt Infektiologie am Kantonsspital St. Gallen, meint: «Letztendlich bin ich überzeugt, dass unser Immunsystem uns mehr hilft, als alle Plastikwände, Masken und Desinfektionsmittel.».
Die Fallzahlen steigen, nach wie vor (beinahe) von Tag zu Tag. Exponentiell.
Auch in Ländern mit strengen Maskenvorschriften und Lockdowns.
Daneben steigen aber auch die Anzahl der Tests. Und der Prozentsatz an positiv Getesteten.
Doch wie viele Menschen wirklich infiziert sind, können wir auch heute nicht mit Gewissheit sagen. So wenig wie im Frühling, als wesentlich weniger Menschen sich testen liessen.
Der Test weist nach, dass Virus-Erbgut im Abstrichmaterial vorhanden ist und dass eine Infektion vorliegt. Der PCR-Test erlaubt jedoch keine Aussagen zu der Frage, ob jemand an Covid-19 erkranken wird und entsprechende Symptome auftreten. Und ein negativer PCR-Test schliesst eine Infektion nicht aus. Auf dw.com ist zu lesen:
«Wird das Erbgut gefunden, gilt der Patient als infektiös. Wird das Erbgut indes nicht gefunden, bedeutet das nicht unbedingt, dass der Proband nicht doch infiziert ist. Es könnte immer noch sein, dass die Viren nicht in der Probe waren, aber irgendwo anders im Körper vorhanden sind. […]
Charité Infektionsmediziner Christian Drosten verglich das in seinem NDR-Podcast mit dem Versuch, einen Goldfisch in einem Becken mit einem Kescher zu fangen. Wenn man den Kescher aus dem Wasser zieht und es ist kein Fisch darin, bedeutet das nicht, dass es keine Fische im Becken gibt.»
Hochschulen müssen wieder auf Fernunterricht umstellen. Darauf hatte ich gewartet und gehofft. Denn der hybride Unterricht (die halbe Klasse vor Ort, die andere Hälfte zuhause), in der letzten Phase mit Maske im Klassenzimmer, war alles andere als optimal. Es war viel schwieriger, die ganze Klasse wirklich in den Unterricht miteinzubeziehen. Und aus der Erfahrung wissen wir, dass Distance Learning auf dieser Stufe gut funktioniert.
Was ich hingegen nicht verstehen kann, ist, dass Präsenzunterricht in den Gymnasien und in der Berufsbildung erlaubt bleiben.
Es fühlt sich einfach irgendwie falsch an….
Auch der Sport wurde wieder reduziert. Wobei der Profisport mehrheitlich aussen vor gelassen wurde. Trainings und Wettkämpfe bleiben hier weiterhin erlaubt.
Eine Differenzierung, die so eigenartig klingt wie die Regelung für Chöre: alle Anlässe von Laien-Chören sind verboten, professionellen Chören ist das Proben erlaubt. Die Begründung, dass «beim Singen besonders viele Tröpfchen ausgestossen werden» gilt scheinbar nicht für Profis.
Getroffen von der neuen Sportregelung wird vor allem der Jugend- und Freizeitsport. In Räumen dürfen noch maximal 15 Personen miteinander Sport treiben, «wenn sowohl genügend Abstand eingehalten werden kann als auch Masken getragen werden» – es sei denn, die Halle ist sehr gross. Kontaktsport im Freizeitbereich ist verboten, wobei jetzt Swiss Olympic zuerst definieren muss, was als Kontaktsport gilt.
Yoga ist es sicher nicht. Aber müssten Atemübungen im Yoga nicht der Regelung für Laienchöre unterstellt werden?
Die Sportverbote betreffen Jugendliche über 16 Jahre.
Erinnern wir uns zurück. War das nicht die Lebensphase, die uns stark geprägt hat? Durch die vielen sozialen Kontakte, uns Sportler durch extrem hohe Aktivität, viele Trainings, viele Wettkämpfe. Denn in diesem Alter – so war es wenigstens bei mir so – entscheidet es sich, ob ich später den Sprung ins Fanionteam schaffe oder nicht.
Und das nehmen wir nun unserer Jugend weg.
Auch den Ausgang, die Partys, das Zusammensein mit Freunden.
Liebes- und Lebenserfahrungen.
Fühlt sich irgendwie falsch an.
Ist es das wert? Was wird aus dieser Jugend, der wir keine Jugend ermöglichen? Was wird in Zukunft auf die Gesellschaft zurückfallen? Wir werden wir die Generation Z in Zukunft definieren?
Auf absolventa.de wird diese als «Generation Z, geboren zwischen 1994 und 2010, auch Generation YouTube genannt; sie hat die Digitalisierung des Alltags bereits komplett in ihr Leben integriert» beschrieben.
Aktuell hat sie nicht nur die Digitalisierung des Alltags komplett in ihr Leben integriert, sondern ihr wurde auch das Analoge, Persönliche, Soziale genommen.
Ein Teil ihres Lebens.
Das fühlt sich so falsch an…